Laserwechselwirkung mit negativen Ionen

Messung der Elektronenaffinität an negativen Ionen und deren Anwendung in Beschleuniger Massenspektrometrie

Sobald ein neutrales Atom oder Molekül ein zusätzliches Elektron aufnimmt, entsteht ein negatives Ion. Da die Kernladung im neutralen Atom vollständig abgeschirmt ist, kann anstelle der elektrostatischen Anziehung nur eine Polarisation der Elektronenhülle für die nötige Bindung sorgen. Diese ist daher stark von der Elektronenkonfiguration abhängig – und auch nicht bei allen Elementen möglich. Stickstoff z.B. bildet keine negativen Ionen (daher funktioniert die Radiokohlenstoffdatierung mit Beschleunigern so gut).

In der Beschleuniger-Massenspektrometrie (AMS) findet die Nutzung negativer Ionen breite Anwendung. Ein großes Problem eines Massenspektrometers ist jedoch die Anwesenheit von Isobaren. Da Isobare zwar nahezu dieselbe Masse, aber eine gänzlich andere Elektronenkonfiguration besitzen, unterscheiden sich auch die spektroskopischen Eigenschaften der entsprechenden negativen Ionen. Dies kann ausgenutzt werden, um mit Lasern die unerwünschten Isobare zu unterdrücken. Dazu wird mit einem Laserphoton das zusätzliche Elektron abgelöst und das negative Ion somit neutralisiert. Um diesen Prozess mit der nötigen Effizienz durchzuführen werden hohe Wechselwirkungsdichten benötigt. Um diese zu erreichen werden die negativen Ionen in einem Kühler auf thermische Energien abgebremst und anschließend wieder beschleunigt.

Im Rahmen des BMBF geförderten Verbundprojektes 05K2019 – LISEL@DREAMS wird an der FSU Jena ein Radiofrequenz-Ionenkühler aufgebaut. Dieser wird nach Fertigstellung an der AMS-Anlage DREAMS am HZDRExterner Link eingebaut. Zusammen wird mit dem vom Verbundpartner Universität Mainz entwickelten durchstimmbaren, hochrepetitiven Ti:Saphir-Lasersystem wird eine elementselektive Unterdrückung von Isobaren durch Laser Photodetachment ermöglicht. Dies erlaubt die Erschließung neuer Isotope an DREAMS und damit die Erweiterung des Anwendungsspektrums.

Radiofrequenz-Ionenkühler zur effizienten Wechselwirkung von negativen Ionen mit Laserstrahlung.
Radiofrequenz-Ionenkühler zur effizienten Wechselwirkung von negativen Ionen mit Laserstrahlung.
Foto: O. Forstner

Eine wichtige Kenngröße negativer Ionen ist die Bindungsenergie des zusätzlichen Elektrons. Diese wird Elektronenaffinität (EA) genannt. Um das Elektron abzulösen benötigt ein Laser-Photon mindestens diese Energie. Die Bestimmung der EA kann sehr präzise mit durchstimmbaren Lasern erfolgen. Man scannt die Laserwellenlänge ab, bis die Ablösung der Elektronen einsetzt, d.h. bis das Ion neutralisiert wird. Bei atomaren negativen Ionen ist dies relativ einfach möglich – bei molekularen negativen Ionen muss man noch die inneren Zustände des Moleküls mitberücksichtigen (Rotation, Vibration, …). Wenn man das negative Ion in einem Speicherring einschließt, kann man durch Kühlung der inneren Zustände eine präzisere Messung der EA vornehmen. Dazu wird von uns der elektrostatische Niederenergie-Speicherring FLSR an der Goethe-Universität Frankfurt am Main verwendet. Die Laserstrahlung wird dort über Vakuum-Fenster in das Ringvakuum eingekoppelt und mit den gespeicherten negativen Ionen in Wechselwirkung gebracht. Die neutralisierten Ionen treten dann aus dem Ring aus und können detektiert werden.

Elektrostatischer Speicherring an der Goethe-Universität Frankfurt. Rechts neben dem Ring ist die neugebaute Laser-Hütte zu sehen. Der Strahlengang wir in Rohren entlang der Mauer zum Ring geführt und dort über Vakuumfenster in den Ring eingekoppelt.
Elektrostatischer Speicherring an der Goethe-Universität Frankfurt. Rechts neben dem Ring ist die neugebaute Laser-Hütte zu sehen. Der Strahlengang wir in Rohren entlang der Mauer zum Ring geführt und dort über Vakuumfenster in den Ring eingekoppelt.
Foto: O. Forstner

In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Göteborg werden auch Messungen der Elektronenaffinität von radioaktiven Ionen durchgeführt. Dazu werden an CERN-ISOLDEExterner Link in Genf Strahlen von negativ geladenen radioaktiven Ionen produziert und mit Laserstrahlung in Wechselwirkung gebracht. Auf diese Art konnte erstmalig die Elektronenaffinität eines radioaktiven Ions (128I) und im Weiteren die Elektronenaffinität des radioaktiven Elements Astat gemessen werden. Astat gilt als das seltenste Element der Erde [3]. In naher Zukunft ist die Messung der Isotopieverschiebung der Elektronenaffinität an radioaktiven Ionen vorgesehen [5].

 

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