Polarisationsuntersuchungen elastisch gestreuter harter Röntgenstrahlung

Rayleigh-Streuung stark linear polarisierter, harter Röntgenstrahlung an einer Goldfolie

Die elastische Streuung von Photonen an Atomen beschreibt den Streuprozess, bei welchem die Energie des einfallenden und des gestreuten Photons gleich sind. Im Bereich der harten Röntgenstrahlung bis zu einer Photonenenergie von mehreren 100 keV wird dieser Prozess von der so genannten Rayleigh-Streuung dominiert, der Streuung an den gebundenen Elektronen des Atomtargets. Dieser Streuprozess kann im Rahmen quantenelektrodynamischer Rechnungen beschrieben werden, wobei sich ein starker Einfluss auf die Polarisationseigenschaften der gestreuten Strahlung zeigt [1]. Die Bestimmung des Polarisationstransfers bei der Rayleighstreuung kann also dazu dienen, die zu Grunde liegende Theorie zu überprüfen.

In vorangegangenen Messungen wurde die elastische Streuung stark linear polarisierter harter Röntgenstrahlung bereits für den Fall untersucht, dass die zwischen einfallender und gestreuter Strahlung aufgespannte Streuebene mit der Polarisationsebene der einfallenden Strahlung zusammenfällt [2]. Hier konnte gezeigt werden, dass die gestreute Strahlung weiterhin in der Streuebene polarisiert ist, allerdings eine stark vom Streuwinkel abhängige Depolarisation aufweist.

In unserer aktuellen Messung haben wir die Polarisationsebene der einfallenden Strahlung verlassen. Hier ist neben einer Depolarisation des gestreuten Strahls zusätzlich eine Verkippung des Polarisationsvektors in Bezug zur Streuebene zu erwarten [3].

Skizze der Messgeometrie: Der stark linear polarisierte Synchrotronstrahl wird an einem Goldtarget mit einer Dicke von 1 µm gestreut. Die gestreute Strahlung kann mit Hilfe eines Compton-Polarimeters an mehreren Positionen detektiert werden.
Skizze der Messgeometrie: Der stark linear polarisierte Synchrotronstrahl wird an einem Goldtarget mit einer Dicke von 1 µm gestreut. Die gestreute Strahlung kann mit Hilfe eines Compton-Polarimeters an mehreren Positionen detektiert werden.
Illustration: W. Middents

Hierzu wurde während einer Strahlzeit an der Synchrotronanlage PETRA IIIExterner Link in Hamburg die Rayleighstreuung von eingangs stark linear polarisierter harter Röntgenstrahlung (175 keV) an einer dünnen Goldfolie (≈ 1 μm) untersucht. Die Untersuchung der Polarisationseigenschaften der gestreuten Strahlung erfolgte mit Hilfe eines als Compton-Polarimeter dienenden segmentierten Halbleiterdetektors.

Foto der aktuellen Messung in Hamburg. Die Streuung an der Goldfolie erfolgt innerhalb einer Vakuumkammer, um Hintergrundstrahlung zu minimieren. Die Vakuumkammer hat mehrere Fenster zur Messung der gestreuten Strahlung. Neben der Messung mit Hilfe eines Compton-Polarimeters (links) wurde ein Germanium-Halbleiterdetektor (rechts) verwendet, um hochaufgelöste Energiespektren zu messen.
Foto der aktuellen Messung in Hamburg. Die Streuung an der Goldfolie erfolgt innerhalb einer Vakuumkammer, um Hintergrundstrahlung zu minimieren. Die Vakuumkammer hat mehrere Fenster zur Messung der gestreuten Strahlung. Neben der Messung mit Hilfe eines Compton-Polarimeters (links) wurde ein Germanium-Halbleiterdetektor (rechts) verwendet, um hochaufgelöste Energiespektren zu messen.
Foto: W. Middents
  • Halbleiter-Streifendetektoren als Compton-Polarimeter

    Bei der Untersuchung der Dynamik atomarer Prozesse erlaubt die Analyse von Polarisationsphänomenen einzigartige Einblicke. Im Bereich harter Röntgenstrahlung versagen herkömmliche Polarisationsmethoden aufgrund der hohen Photonenenergien. Abhilfe schafft hier der Compton-Effekt, dessen Streuverteilung eine starke Polarisationssensitivität aufweist.

    Um den Compton-Effekt zur Untersuchung der Polarisationseigenschaften zu nutzen, wurden in Zusammenarbeit mit dem GSI Helmholtzzentrum für SchwerionenforschungExterner Link in Darmstadt und dem FZ JülichExterner Link spezielle segmentierte Halbleiterdetektoren entwickelt. Durch die Streifengeometrie der Detektorkristalle ist eine gleichzeitig ortsaufgelöste und energieaufgelöste Messung einfallender Photonen möglich.

    Neben der einfachen Absorption einfallender Strahlung kann es auch zur Comptonstreuung von Photonen im Detektorkristall kommen, bei der ein Teil der Photonenenergie an ein Elektron des Detektorkristalls abgegeben wird. Werden sowohl das Elektron als auch das Compton-gestreute Photon im Detektor registriert, kann bei ausreichender Anzahl solcher Ereignisse die Streuverteilung rekonstruiert werden, welche Aufschluss über die Polarisationseigenschaften der einfallenden Strahlung gibt.

    Referenzen

    [1] U. Spillmann et al., Rev. Sci. Instrum. 79, 083101 (2008)Externer Link

    [2]  G. Weber et al., J. Phys.: Conf. Ser. 583, 012041 (2015)Externer Link

    [3] M. Vockert et al. Nucl. Instrum. Methods Phys. Res., Sect. B 408, 313 (2017)Externer Link

    Compton-Polarimeter
    Compton-Polarimeter
    Foto: U. Spillmann

Die Ergebnisse dieses Experiments werden zur Zeit ausgewertet. Erste Ergebnisse zeigen bereits eine zu erwartende Verkippung des Polarisationsvektors der gestreuten Strahlung.

Beispielhafte Polarisationsmessung der an dem Goldtarget elastisch gestreuten Strahlung. Zu sehen ist die Verteilung der im Compton-Polarimeter gestreuten Photonen für unterschiedliche Messpositionen. Links für eine Messung innerhalb der Polarisationsebene des Synchrotronstrahls, rechts für eine Messung außerhalb der Polarisationsebene. Man erkennt leicht eine Verdrehung der charakteristischen Streuverteilung im Detektor, die auf eine Verdrehung des Polarisationsvektors der gestreuten Strahlung hindeutet.
Beispielhafte Polarisationsmessung der an dem Goldtarget elastisch gestreuten Strahlung. Zu sehen ist die Verteilung der im Compton-Polarimeter gestreuten Photonen für unterschiedliche Messpositionen. Links für eine Messung innerhalb der Polarisationsebene des Synchrotronstrahls, rechts für eine Messung außerhalb der Polarisationsebene. Man erkennt leicht eine Verdrehung der charakteristischen Streuverteilung im Detektor, die auf eine Verdrehung des Polarisationsvektors der gestreuten Strahlung hindeutet.
Grafik: W. Middents

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