Die Geschichte der Physik hat in Jena einige interdisziplinäre Schnittstellen. Eine davon ist die erste Aufzeichnung des EEG des Menschen 1924 durch Hans Berger. Das Klinikgebäude in dem Berger als Arzt arbeitet wurde 1879 fertiggestellt. Bergers Laboratorium war im Hufeld-Haus im Eingangsbereich des Klinikums untergebracht.
Bergers Glaube an Telepathie und einer seiner Grundbegriffe, die psychische Energie, würde man heute wohl eher dem esoterischen Spektrum zuordnen. Das Experimentalprogramm, das sich aus Bergers Suche nach den physiologischen Auswirkungen von psychischen Vorgängen entwickelte, leitete ihn aber schließlich zum EEG. In dieser Suche holte sich Berger immer wieder Rat und Unterstützung bei Jenaer Physikern.
Er untersuchte Temperaturschwankungen und Volumenänderung des Gehirns bei psychischer Anstrengung. Auch Hirnstrom- und Reizreaktionsmessungen nahm er früh an Tieren vor. Beim Menschen untersuchte er zunächst die Reizreaktion bei elektrischer Stimulierung des Gehirns. Schließlich konnte er am 6. Juli 1924 bei einem Probanden das erste EEG des Menschen aufzeichnen. Die Mitteilung veröffentlichte Berger erst fünf Jahre später und die weitgehende Rezeption in der Community ließ wiederum fünf weitere Jahre auf sich warten.
Die Rolle der Jenaer Psychiatrie in der NS-Zeit wirft dunkle Schatten auf diese Errungenschaft. Ab 1933 beteiligten sich Jenaer Psychiater an der systematischen Verfolgung und der Zwangssterilistation von psychisch erkrankten Personen. Hans Berger, förderndes Mitglied der SS, war als Klinikleiter, als Antragsteller, Unterzeichner und als Beisitzer bei so genannten "Erbgesundheitsgerichten" involviert. Eine Wiederberufung an ein solches nach seiner Emeritierung konnte er nicht mehr annehmen: am 1. Juni 1941 erlitt Berger einen depressiven Schub in Folge eines grippalen Infekts und nahm sich das Leben.