Präzisionsröntgenspektroskopie der Lamb-Verschiebung
Beteiligte Mitarbeiter:
M. O. Herdrich1,2, P. Pfäfflein1,2, F. M. Kröger1,2,3, B. Zhu1,2, G. Weber1,2, Th. Stöhlker1,2,3
1Helmholtz-Institut JenaExterner Link
2GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbHExterner Link
3Institut für Optik und Quantenelektronik, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Die Lamb-Verschiebung beschreibt die Differenz der beobachteten Bindungsenergie in atomaren Systemen von dem durch die Dirac-Theorie unter Annahme eines punktförmigen Atomkerns mit unendlicher Masse vorhergesagten Wert. Wesentliches Ziel des Vorhabens ist die Präzisionsmessung der Lyman-α-Übergänge des H-artigen Urans (bei ca. 100 keV), um hieraus die Lamb-Verschiebung für den 1s-Grundzustand mit einer Genauigkeit besser als 1 eV zu bestimmen. Hierdurch wären erstmals quantenelektrodynamische Korrekturen der Ordnung α2 einer Überprüfung zugänglich, was eine zentrale experimentelle wie auch theoretische Herausforderung für das Gebiet der Starkfeld-QED gebundener Zustände darstellt. Der experimentelle Ansatz basiert auf zwei technologischen Herausforderungen: a) erstes Experiment mit vollständig ionisierten Uranionen am CRYRING@ESRExterner Link und dort am ultrakalten Elektronenkühler; b) erstmaliger Einsatz von hochauflösenden Mikrokalorimeter-Detektoren in einem dedizierten Experiment. Die Einbindung dieser Detektoren in die heterogene Detektorumgebung von Ionen-Speicherringen ist eine wesentliche technologische Herausforderung, die z.B. Koinzidenzmessungen ermöglichen wird. Schließlich soll das Vorhaben den Einsatz von Mikrokalorimeter-Detektoren als Basistechnologie für zukünftige Spektroskopieexperimente der SPARC-Kollaboration etablieren, mit einem sehr breiten Anwendungsbereich im Gebiet der Struktur und Dynamik hochgeladener und exotischer Ionen.
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Mikrokalorimeter Detektoren für Röntgenspektroskopie
In Kollaboration mit der Arbeitsgruppe von Prof. C. Enss des Kirchhoff-Instituts für PhysikExterner Link der Universität Heidelberg wurden in den vergangenen Jahren mehrere Röntgendetektor-Arrays basierend auf der metallisch-magnetischen Mikrokalorimeter-Technologie (maXs) entwickelt [1]. Durch das Funktionsprinzip der Detektoren, Röntgenphotonen zu Absorbieren und als Eintrag in das Phononensystem in Form einer Temperaturänderung mit Hilfe eines paramagnetischen Sensors zu messen, und dem Betrieb bei Temperaturen < 50 mK erreichen sie eine hohe Energieauflösung (E/ΔE > 3500), vergleichbar mit der eines Kristallspektrometers [2]. Gleichzeitig decken sie einen breiten spektralen Energiebereich von typischerweise 100 eV bis zu 100 keV ab. Diese Eigenschaften machen sie zu idealen Messinstrumenten für atomphysikalische Experimente, da diese häufig aufgrund der Dynamik der Prozesse Röntgenphotonen über ein breites Energiespektrum emittieren. In der Vergangenheit wurden die Detektoren unter anderem bereits erfolgreich in zwei Experimenten am ESR (Experiment-Speicherring) des GSI Helmholtzzentrums in Darmstadt mit Stößen hochgeladener Schwerionen auf ein Gastarget eingesetzt.
Referenzen:
[1] D. Hengstler, M. Keller et al., Physica Scripta T166 (2015), DOI:10.1088/0031-8949/2015/T166/014054Externer Link
[2] S. Kempf, A. Ferring et al., Superconductor Science and Technology, vol. 28 (2015), DOI:10.1088/0953-2048/28/4/045008Externer Link
Am Elektronenkühler des kürzlich bei GSI, Darmstadt in Betrieb genommenen Niedrigenergie-Speicherrings CRYRING@ESR wird ein gespeicherter Strahl vollständig ionisierter Uran-Ionen (U92+) mit dem Elektronenstrahl des Kühlers wechselwirken und dabei Elektronen in angeregte Zustände des dann wasserstoffartigen Urans einfangen. Die folgenden Übergänge in tieferliegende Niveaus bis hin zum Grudzustand führen zur Emission unter anderem der oben gezeigten Lyman-α1 Strahlung (2p3/2 → 1s1/2) mit einer Energie von ca. 100 keV. Der experimentelle Aufbau umfasst je ein speziell für diese Messung optimiertes hochauflösendes Mikrokalorimeter unter 0° und 180° relativ zur Flugrichtung des gespeicherten Ionenstrahls. Vom Ultrahochvakuum des Speicherrings ist von den an Luft befindlichen Detektoren durch dünne Beryllium-Röntgenfenster getrennt. Diese ermöglichen eine hohe Transmission bis zu hinunter zu wenigen keV Photonenenergie. Der gleichzeitige Nachweis sowohl der hochenergetischen Lyman-Strahlung als auch der niederenergetischen Balmer-Übergänge, welche von der Lamb-Verschiebung kaum betroffen sind, soll einen präzise Bestimmung sowohl der Lamb-Verschiebung als auch der durch die Geschwindigkeit der Ionen hervorgerufenene Doppler-Verschiebung ermöglichen.