Entwicklung der Physikalisch - Astronomischen Fakultät
Die alma mater jenensis wurde im Jahre 1558 von Johann Friedrich I. gegründet. Rund 100 Jahre später hatte sich aus der frühneuzeitlichen Reformuniversität mit ihren vier Fakultäten ‐ Philosophie, Theologie, Recht und Medizin ‐ eine Forschergemeinde mit sehr vielseitigen Interessen entwickelt. Im Jahre 2008 konnten wir den 450. Jahrestag der Gründung unserer Universität mit zahlreichen Veranstaltungen begehen.
Der Mathematiker und Astronom Weigel, zu dessen Schülern auch Leibniz zählte, gilt als einer der Begründer naturwissenschaftlichen Denkens. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Jena durch die klassisch‐romantischen "Wunderjahre" bekannt, da in einzigartiger Weise bemerkenswerte Geistesgrößen an einem Ort versammelt waren. Goethe, Hegel, Fichte, Schelling, Voß und die Gebrüder Schlegel prägten das Geistesleben oder lehrten in der Saalestadt; Novalis, Hölderlin, Brentano, Fröbel und Arndt saßen in ihren Vorlesungen.
Den Anstoß zum Aufbruch ins Industriezeitalter gab der 1870 zum außerordentlichen Professor berufene Physiker Ernst Abbe mit seiner Theorie der Bildentstehung im Mikroskop. Durch seine enge Zusammenarbeit mit dem Universitätsmechanikus Carl Zeiß, der in seinen privaten Werkstätten den optischen Apparatebau zu immer höherer Perfektion trieb, und dem Chemiker Otto Schott, der auf Drängen Abbes 1884 ein 'Glastechnisches Laboratorium' zur Herstellung hochreiner Spezialgläser für die Zeißschen optischen Instrumente gründete, wurde der Grundstein für wirtschaftliche Prosperität gelegt. Diese fruchtbare, enge Zusammenarbeit zwischen universitärer naturwissenschaftlicher Forschung und industrieller Produktion auf hohem technologischem Niveau ist bis heute das Markenzeichen des Wissenschaftsstandortes Jena.
Wichtige Beiträge zur naturwissenschaftlichen Forschung wurden vom Biologen Ernst Haeckel, dem wichtigsten Evolutionstheoretiker nach Darwin, vom Mathematiker und Logiker Gottlob Frege, vom Neurologen Hans Berger, dem Entdecker des Elektroenzephalogramms (EEG), und vom Physiker Max Wien, einem der Pioniere der drahtlosen Telegrafie, geleistet. Auf dem Gebiet der Physik trugen im letzten Jahrhundert Persönlichkeiten wie Felix Auerbach, Eberhard Buchwald, Wilhelm Hanle, Friedrich Hund, Georg Joos, Ernst Schmutzer, Max Schubert, Heinrich Siedentopf und Max Steenbeck entscheidend zum wissenschaftlichen Ansehen der Universität bei.
Binnen weniger Jahre nach der politischen Wende in Ostdeutschland hat sich Jena wieder zu einem Wissenschaftszentrum von internationalem Rang entwickelt. Die Physikalisch‐Astronomische Fakultät, die im Jahre 1990 gegründet wurde, hat dazu durch ihre nationale und internationale Sichtbarkeit einen wesentlichen Beitrag geleistet, wobei sie sich im Spannungsfeld von Tradition und Neuorientierung zukunftsorientierte Forschungsfelder erschlossen hat.