Das Hydro-Büro und die Saaletalsperren
Nach erfolglosen Verhandlungen über einen Vertrag mit dem Jenaer Elektrizitäts-Werk im Jahr 1903 entstanden bei Rudolf Straubel weitreichende Pläne zur Stromversorgungvon Zeiss und Schott und darüber hinaus des Saale-Umfeldes.
Zwar nutzten die Stiftungsbetriebe ein Kohlekraftwerk auf dem südlichen Teil des Glaswerks, aber die damit verbundene Luftverschmutzung war einer optisch-feinmechanischen Fertigung doch hinderlich. Was lag also näher, als die Wasserkraft der Saale für die Elektrizitätsgewinnung zu nutzen? Zunächst wurden in Kunitz und in Burgau Kraftwerke eingerichtet. Der Generator im Burgauer Wasserwerk ist 1912 von den AEG-Ingenieuren nach Straubels Forderungen als 10-kV-Maschine konstruiert worden, er läuft noch heute und ist ein »greifbares« Zeugnis von Rudolf Straubels Wirken.
Bald formten sich Pläne für die Nutzung der oberen Saale - auch angesichts der Kohleknappheit im Ersten Weltkrieg - zwischen Blankenberg und Kaulsdorf über 80 km des Flusslaufes.
Dazu hat Straubel das »Hydrotechnische Büro« bei Zeiss eingerichtet, dessen langjähriger Leiter der promovierte Jurist und Diplom-Ingenieur Wilhelm Langer (1887-1973) von 1924 bis 1962(!) wurde. Die Projekte sind als Obliegenheit der Carl-Zeiss-Stiftung behandelt worden, sowohl die Entwurfsbearbeitung als auch die bauliche Ausführung. Zunächst wurden zwei Gefällekraftwerke am Flüsschen Wisenta und am Conrod, einem Höhenrücken bei Ziegenrück, errichtet. Dazu kam der Ankauf des Kraftwerks Fernmühle. Über Irrwege und langwierige Verhandlungen hinweg - hieran war auch das Ingenieurbüro von Miller in München durch Gutachten beteiligt - ist schließlich die Bleiloch-Talsperre gebaut worden, das Kraftwerk wurde im Dezember 1932 eingeweiht.
An den weiteren Projekten war Rudolf Straubel nicht mehr beteiligt. Er gilt aber weithin als der »Vater der Saaletalsperren".
Eine besondere Anerkennung fanden Planung und Bau der Bleilochtalsperre am 16. September 2016: Aus Anlass des 90. Jahrestages der Erschließung des Geländes um die Bleilöcher haben die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammer Thüringen den Bau als »Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland«Externer Link anerkannt. Als größte Talsperre Deutschlands und als erste überhaupt sei sie aus Gussbeton ohne Blocksteineinlagen gebaut worden. Damit wird auf die Wirkungen aller Beteiligten und im Besonderen auf die ingenieurtechnische Leistung von Rudolf Straubel Bezug genommen - ganz direkt auf seinen Vorschlag vom 11. Februar 1930 im Bauausschuss -, allerdings ohne seinen Namen in den offiziellen Mitteilungen der Ingenieurkammern zu nennen.
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Die Dynamomaschine nach Straubels Vorschrift von 1910 läuft seit 1912 im Maschinenhaus des Burgauer Wasserkraftwerks.Foto: Reinhard Schielicke Jena
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Wilhelm LangerFoto: Familienarchiv Linda Langer Snook, Norman, USA
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Fernmühle Ziegenrück (heute Wasserkraftmuseum)Foto: Reinhard Schielicke Jena
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Erster Plan für die "Straubel-Röhre"Foto: Familienarchiv Linda Langer Snook, Norman, USA
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Marie, Harald und Rudolf Straubel an der Wisenta-Talsperre um 1936Foto: Familienarchiv Linda Langer Snook, Norman, USA