Straubels Akademische Laufbahn

Titelblatt der Habilitationsschrift von Dr. Rudolf Straubel

Foto: Bibliothek der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Universität Jena

Im April 1889 übernahm Rudolf Straubel eine - wenn auch mit 600 Mark pro Jahr gering bezahlte - Assistentenstelle bei Adolf Winkelmann, der zweieinhalb Jahre zuvor zum Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Jena berufen worden war.

Straubel erarbeitete eine Habilitationsschrift »Theorie der Beugungserscheinungen kreisförmig begrenzter, symmetrischer, nicht sphärischer Wellen«. Nach der positiven Beurteilung durch Abbe und dem bestandenen Colloquium beantragte der Prorektor der Jenaer Universität Ottokar Lorenz (1832-1904) - Rector magnificentissimus war der jeweilige Weimarer Landesherr - bei den Erhaltern der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesammt-Universität Jena, dem Großherzog Sachsen-Weimar-Eisenach und den Herzögen Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Meiningen, die Habilitation zu gestatten.

Nach der Habilitation setzte eine umfangreiche Vorlesungs- und Forschungstätigkeit Rudolf Straubels am Physikalischen Institut ein. Institutsdirektor Adolf Winkelmann zählt in seinem Antrag »zur Ernennung des Herrn Privatdocenten Dr. R. Straubel zum ausserordentlichen Professor« vom 25. Oktober 1897 Straubels Lehrveranstaltungen auf:
1) Physikalische Chemie, Physikalisches Colloquium.
2) Mathematische Geographie.
3) Geometrische Optik und Theorie der optischen Instrumente.
4) Electromagnetische Wellentheorie.
5) Electromagnetische Optik.
6) Kristalloptik.
7) Ausgewählte Capitel der Lehre vom Licht.
8) Grundlagen der Electricitätslehre.

Winkelmann bestätigt in seinem Schreiben, daß Rudolf Straubel naturgemäß zwar nur wenige Hörer habe, er diese aber in seinen Vorlesungen zu fesseln verstehe.

Von den publizierten Forschungsergebnissen Rudolf Straubels nannte Winkelmann:
1) Dioptrik in Medien mit continuirlich variablem Brechungsindex.
2) Das Heliometerbild.
3) Zwei allgemeine Sätze über Fraunhofer’sche Beugungserscheinungen.
4) Ueber einige Eigenschaften der Röntgen’schen X-Strahlen.
5) Ueber die Bestimmung zeitlicher Veränderungen der Lothlinie.
6) Ueber die Elasticitätszahlen und Elasticitätsmoduln des Glases.

Der Dekan beantragte daraufhin die Beförderung zum a.o. Professor der Physik mit einem Schreiben vom 1. November 1897 an den »Magnifice Academiae Prorector«, sie wurde zum 23. Dezember 1897 gewährt.

Im ersten Jahrzehnt seiner Lehrtätigkeit an der Universität behandelte Rudolf Straubel alle die oben zitierten Themen, vor allem die Optik, Elektrizitätslehre und Kristalloptik waren regelmäßig angekündigt. In den Jahren 1894, 1901/1902 und 1904/1905 las er über Geophysik. Seit dem Sommersemester 1904, nachdem er im Jahr zuvor von Ernst Abbe zu seinem Nachfolger als Geschäftsleiter des Zeisswerks bestimmt worden war, beschränkte sich Rudolf Straubel - mit einer Lücke von 1906 bis 1909 - auf Vorlesungen über verschiedene Gebiete der Optik.

Adolf Winkelmann und Rudolf Straubel stellten in einer Publikation von 1896 die Ergebnisse einer längeren Versuchsreihe am Physikalischen Institut Jena vor, in der sie das Verhalten der gerade erst im Jahr zuvor von Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923) entdeckten X-Strahlen (ihre Brechung, Reflexion, Absorption, diffuse Ausbreitung, Fluoreszenzwirkung und Wirkung auf die photographische Platte) analysieren. Sie stellten fest, daß der Brechungsindex von Röntgenstrahlen in Metallen und Glas kleiner als 1 ist.
Wegen dieser frühen Arbeit wurden sie zu den »Pionieren der Röntgenphysik« gezählt.

In einer 1895 veröffentlichten Arbeit aus dem Gebiet der Strahlenoptik stellt Straubel die Zusammenhänge zwischen dünnen Strahlenbündeln auf der Ding- und Bildseite auf.
Im Jahre 1902 hat Straubel die beiden nach ihm benannten Sätze der Strahlenoptik publiziert. Darin stellte er eine Beziehung zwischen dünnen Strahlenbündeln auf der Ding- und der Bildseite her.